Düna die
‣ vgl Kleine Düna
► QUELLEN
Gutzeit 1864, 205f.
Nach der rig. Ztg. von 1860 wird in Okens Isis 1823. 3. das Wort skandinavisch gedeutet als Dun - â, rauschender Strom, von dynia, tönen). - In den Sendungen der kurl. Gesellschaft 3. 1 u 2 findet sich zuerst die Erklärung Dün-Aa, Aa der Dünen. Diese Erklärung wird in 192. V. 118 von E. Pabst wiederholt, der Folgendes sagt: die echtesten Formen des Wortes sind offenbar (?) Duna (bei Heinrich d. Letten) und Düna (nd. u. gegenwärtig). Aus ihnen entstanden andre vielfach wechselnde Formen, als Dune (Alnpeke), Düne, Düenstrom, Duina, Duine, Duyne, Duynstrom, Düyne, Dyna, Dina; Dunaw, Donow, Dwina, Dwine u.s.w., Dormen, die sich theils aus Eigenthümlichkeiten derj. Sprachen, in die sie aufgenommen wurden, theils aus schwankenden Gewonheiten der Wortschreibung (so im Plattd. ui, üe, uy, üy = ü), zum geringsten Theil aber aus einer Verwechselung mit dem Namen der Donau, des Dons u. der Dwina erklären lassen. Die oben genannten echten Formen sind, fährt E. Papst fort, durch Zusammensetzung der bekannten Wörter Aha, Aa, A mit Dune, Düne entstanden. Die Sanddünen im untersten Bett des Flusses u. bei seiner Mündung scheinen schon in uralten Zeiten dermaßen auffällig und anstößig gewesen, dass dem Flusse nach ihnen der Name gegeben wurde. - Gegen diese Erklärungen mit Aa muss bemerkt werden, dass in dem Worte Duna od. Düna niemals die Endung aha od. Ahe vorkommt, welche Aa bei uns zeigt; dass die Endung e in der plattd. Zeit fast allein (Dune u. Düne), und bloßes e st. Aa nie vorkommt. Die wahrscheinlichste Ableitung hat J.B.v.Fischer in Winter- u. Sommerluft, Riga 1745, geliefert. Das Wort Dun, sagt er auf S. 200, ist bei allen Völkern Europas u. Asiens zur Benennung eines Stroms gebraucht, nur der Selbstlaut wechselnd: Dun, Dün, Din, Dan u. Don. - Derselben Ansicht ist Schaffarik, welcher eine Wurzel Dan, Don u. dergl. = Fluss, Wasser, als Stamm der Wörter Tanais, Don, Danubius, Donau, Duna u.s.w. vermutet. Auch die Dwina im Gouvern. Archangel'sk findet wahrscheinlicher ihre Wurzel in einem solchen Worte als in Dwoina, Doppelstrom. — Vgl. noch H.Neus in 175. 1854. Nr. 4 u. 35.
Man unterscheidet die sog. alte Düna, das ehemalige Fahrwasser rechterhand zwischen Magnusholm u. dem Festlande. Daher wurde auch dort das Schloss Dünamünde angelegt, um den Handel der Stadtin der Gewalt zu haben. Düna schlechtweg oder große Düna, der eigentliche Fluss; kleine Düna, der Dünaarm bei Großklüversholm u. weiter bis Heiligengeisthof; die todte Düna, der ausgetrocknete Arm des Flusses bei Dahlholm, von Rathleff (orograph. Skizze) kleine od. trockne Düna genannt; die rote Düna, früher ausschließlich, jetzt nur noch in Lotsenberichten, die Stelle des Flusses rechts zwischen Sode- u. Mülgraben, oder, nach der Bestimmung in 174. 1861. 21, der Arm des Flusses zwischen Schusters- und Pferdeholm und dem östlichen Ufer von dem Ausflüsse des Sodegrabens an; im gew. Leben jetzt das, was früher Kül- od. Sodegraben hieß. — Seit einiger Zeit nennen Einige ganz irrtümlich unsre Düna westliche Düna. Diese Bezeichnung kann nur im Russischen gelten; wir kennen ebenso wenig eine westliche als nördliche Düna.
Eigentümlich sind folgende gew. Redeweisen. Die Düna geht, st. das Eis in ders., wie im Lett: daugava jau eet; die Düna gebt durchschnittlich Ende März aus, d. h. bricht auf. Die D. ist zu od. fest, zugefroren; auf, offen od. los; letzter Ausdruck schon in 345: um Reminiscere ward die Düna los. Jetzt wird die D. festgehen, zufrieren; die D. ging zu bei stillem Wetter, 176. 1836. Seltner ist zulegen. So sagt Brotze in 174. 1812. 161: den 17ten Oktober ist die D. zugelegt worden; sie legte sich zu zum dritten Male; bei Zulegung u. Ausgang der D., nach einer Nachricht von 1682 in 174. 1816. Die Düna brach zuerst näher ihrem Ausflüsse, 176. 1836. 62, st. das Eis; die D. fing an zu rücken, staute sich aber bald, 174. 1810. 133, st. das Eis.
Viel getadelt und belächelt ist der Ausdruck: über Düna. Es hat in Riga nicht gleiche Bed. mit über der od. die Düna. Nur die Gegend auf der linken Seite des Flusses bei Riga, und nur in einem gewissen Umkreise, führt diesen Namen. Nur diej., welche sich auf der rechten Seite d. Flusses befinden, können sprechen, dass sie „über Düna“ gehn; nur diej., welche auf d. linken Seite „des Flusses wohnen, wohnen „über Düna“. Der Ausdruck gewinnt sogar etwas Hauptwörtliches, und man spricht: auf über Düna wohnen, st. über Düna schlechtweg; nach über Düna gehn, fahren, st. über Düna; ganz über Düna war überschwemmt; Einwohner von über Düna; ja sogar: die Einwohner der Über-Düna! 172. 1813. 39. In allen diesen Fällen könnte man nicht sprechen: auf über der Düna wohnen, ganz über der Düna. - Bewohner des linken Ufers gehn „über die Düna“ od. hinüber auf die andere Seite zur Stadt u.s.w. - Über Düna begreift namentlich die Gegend von Torensberg, Hagens-, Schwarzen- u. Sassenhof, also diej. Örtlichkeiten, welche den Rigischen zum Sommeraufenthalte dienen; Groß- und Kleinklüwersholm, Heiligengeisthof (Ilgezeem) werden nur in eingeschränkter Weise über Düna genannt. - Der so gew. Ausdruck „über Düna“, für den Gebildete „über der Düna“ sich zu sprechen bemühen, ist schon frühe nachzuweisen. So in einer Nachricht von 1474 (vgl. 174. 1834. 81): man fohr ewer Dune. Später braucht den Ausdruck oft z.B. Schievelbein in sein. Tagebuche (350. XXVIII.): der Graf ist über Düna vei Dumpe angelangt; bis über Düna begleitet; unweit Hagelshof über Düna. (In dieser Verbindung braucht Schievelbein immer Düna, nicht das ihm sonst geläufige Duna od. Dune).
Auch „über der Düna“ st. auf dem linken Ufer derselben kommt schon früh u. oft vor. So heißt es in 335. 227 (J. 1572): auer der Duna up den lantstraten, wyt und na; in 68: alle die sowohl in der Vorstadt als über der Düna wohnen (1699); in 350. XXVIII.: über der Düna (J. 1719)
Die Düna versenken: st. Versenkungen in ders. machen, um das Fahrwasser zu sperren. Ein alter Ausdruck, der noch in neuster Zeit zu lesen ist! Die Düna fegen oder reinigen, das Eis vor der Stadt reinfegen (ehedem): die Düna zulassen, bei Jakobstadt, besteht darin, dass man vom Eise am Ufer ein langes Stück abschneidet u. das obere Ende desselben so in den Strom dreht, dass es an dem gegenüber stehenden Ufereise stehn bleibt. 176. 1834. 15.
In Zusammensetzungen früher Dun-, Dün-, Dunen- und Dünen-, jetzt nur Düna-.
Von Düna bildet man dünasch, dünisch u. dünsch; überdünasch, überdünisch, überdünsch. Einige, wie Sonntag in 174, glauben besser u. richtiger dünaisch zu bilden. Das ist eine unnütze Verlängerung, die niemand gebraucht, ebenso wie rigaisch.
Gutzeit 1886, 223
Zu denjenigen, welche diese Benennung als eine Bezeichnung v. Fluss ansehen, gehörte schon der Akademiker Theophil Siegfr. Bayer († 1733). In Comment. acad. petrop. IX. 375 sagt er: Ich glaube, das Tan, Ton, Don, Dunai in der Sprache der alten Völker nichts anderes als Fluss oder Wasser bedeutet habe, und dass von demselben Worte der Tanais, Danubius, die Düna, die Dwina u. des Ptolomäus Ρούδων (in seiner Endung) ihren Namen erhalten haben. Abweichend hiervon sagt Ed. Pabst in 487. 62: die Düna heißt livisch Vena u. Ven, dörptestnisch wäinä; vom altliv. veina, jetzt vena und ven, die zuerst eine breite Flußmündung, auch Sund (estn. wäin) bedeuten, kommen russisch Dwina, deutsch Dwina, Duine, Dune und Düna, lat. duna her. - Das ist sehr zu bezweifeln.
Um die (welche) Zeit gemeiniglich die Dyna falsch ist (im Frühjahr, wo d. Eisdecke schwach ist). Aus d. J. 1637 in 174. 1841. 9-11. - Nachdem sich Frost eingestellt hatte, ging d. Düna mit Grundeis, rig. Kal. v. 1822. - Die Düna steht, sagt man zu Anfang des Winters, st. ist eben zugefroren. - Dem sämmtlichen Adelstande von beiden Seiten der Düna, 350. XI. 1. 43, d.h. im dies- und jenseitigen Livland (Liv- und Kurland).
Gutzeit 1892b, 14
vgl. Wörterschatz und Nachträge v. 1886. Dem Akademiker Bayer († 1735) folgend, hat J.B.v.Fischer in 477. S. 159 u. f. die Benennung erläutert (J. 1745). Er macht darauf aufmerksam, dass in der Bourgogne es einen kleinen Fluss geben der Dune, lat. Duna heißt.
Gutzeit 1894, 11
Die einander widersprechenden Mutmaßungen, welche über den Ursprung dieser Benennung noch neuerlichst in Bielensteins Grenzen des lett. Volkskammers an verschiedenen Stellen, insbesondere S. 489-90 und S. 492 sich finden, erlauben, nicht als überflüssig anzusehen, auf den Wörterschatz I. 205 und Nachträge von 1886 und 1892 hinzuweisen. Zu bemerken wäre noch Folgendes: 1) daß die von Akademiker Bayer, später von Schafarik gegebene Aufstellung, Tan, Ton, Don, Donau, Dunai, Tanais, Danubius, Düna, Dwina und des Ptolemäus Ρούδων (in der Endung) bedeute nichts anderes als Fluß oder Wasser, die meiste Wahrscheinlichkeit für sich hat; 2) daß schwerlich das russische Dwina den verschiedenen Gestaltungen der Benennung in den verschiedenen Sprachen zu Grunde liegt. Entspringt auch jetzt die Düna auf slawischem Grunde und Boden, durchfließt sie jetzt slawisches Gebiet bis in Livland hinein, so ist es doch ganz zweifelhaft, daß dies auch ursprünglich stattgefunden hat. Der russische Name wird überdies erst später, als der altnordische bekannt, der ebensowol für die westliche als nördliche Düna begegnet; 3) daß eine Uebertragung der Benennung Düna (западная Двина) wahrscheinlich von Nowgorod aus auf die nördliche Dwina stattgefunden, sehr zu bezweifeln ist. Denn welcher Grund konnte für die Nowgoroder vorliegen, dem Flusse des Nordens, der Dwina, den Namen der (westlichen) Düna zu geben? Wahrscheinlicher, dünkt mich, ist der Name Dwina im nördlichen finnischen Russland Entstellung der finnischen Benennung in jener Gegend und zugleich dem Namen der bekannten (westlichen) Düna angeglichen worden; 4) das finnische Vena, estn. wäina, - bei Heinrich dem Letten: Livones Veinalenses - ist wol nicht entstanden durch Abfall des anlautenden D, sondern wird seinen Grund haben in einer Eigenschaft der finnischen Sprachen, welche statt des in anderen Sprachen begegnenden D in Düna, Duna, Dyna, Dwina ein B hervorbrachte. Das finnische Vena ist also ebensowenig aus Dune, Dyna u.s.w. entstanden, wie umgekehrt diese aus Vena; 5) als lettische Benennung findet sich in einem Schriftstück des 18. Jahrhunderts neben Daugawa auch Dauga als Hauptgestalt. Dieses Dauga erinnert in auffallender Weise an das a.a.O. S. 492. 196 angefürte Dougav. In awa des lett. Daugawa (Düna) hat zuerst Pastor G. Vierhuff (451. 1876. 61) und dann auch A. Bielenstein (die Grenzen d. Lett. B.) ein angeblich lettisches awa fließendes Wasser erkennen wollen und demzufolge Daugawa mit Dauds-awa Vielwasser, Großwasser erklärt. In derselben Weise sah Pastor Vierhuff und ebenso A. Bielenstein in der Benennung eines Landgebiets im alten Livland Tolova ein Wort Tul-awa Nahwasser oder Flussnähe, als eine Gegend, ringsum von der awa (Aa) umflossen. Meines Dafürhaltens sind diese Deutungen ganz zu bezweifeln, und es scheint mir, dass in awa und owa kein Hauptwort, sondern ein reines Anend zu erkennen ist, welches dem slawischen awa und owa in Fluss- und Ortsbenennungen entspricht, doch der lettischen Sprache ebenso angehört wie z.B. die Infinitiv-Endungen aht - russ. ать, eht - russ. еть und ѣть, iht - russ. ить und oht - russ. оть.
Gutzeit 1898, 8
Daß das awa in Daugawa nicht auf ein angenommenes lettisches awe Wasser zurückgeht, sondern eine Endung ist, entsprechend dem slaw. awa oder owa, ergibt sich aus Ortsbenennungen in Kurland, welche nicht mit einem Wasser in Verbindung stehen. In Kurland sind die auf awa ausgehenden Benennungen von Flüssen häufiger, als die von Orten; in Livland kann vielleicht nur das Nahewasser gedeutete Tolova und Sessowe genannt werden.
Auffallend, daß bisher auf das Zusammenfallen der Benennung Düna und Swine bei Stettin nicht aufmerksam gemacht worden. Swine macht gewissermaßen den Übergang von poln. Dzwina aus Dwina; Swine erscheint wie das poln. Dzwina ohne D. - vgl. Düna in I. 205, in d. Nachträgen v. 1886. 223, 1892. 14 und 1894. 11.
Die Düna steht, oft im Sinne von: ist zugefroren. vgl. 205.
Vegesack 1935, 182
ein Fluss
Maltz 1957, 9
„Kleine Düna“ - Dünaarm zwischen Hagensberg und Kiefenholm gelegen in der Mitauer Vorstadt Rigas